Erklärung
In großer Sorge um die bürgerlichen Freiheitsrechte und den
demokratischen Rechtsstaat wenden wir uns an die Öffentlichkeit. Die
Gesetzesverschärfungen, mit denen Innenminister Schily auf den terroristischen
Anschlag vom 11. September reagieren will, bedeuten in ihrer Gesamtheit
eine unerträgliche Wende hin zu einem Sicherheits- und Kontrollstaat,
in dem wir alle als verdächtig gelten:
Fingerabdrücke
im Pass und die Abspeicherung maschinenlesbarer Gesichtsmerkmale kommen
einer erkennungsdienstlichen Behandlung aller Bürgerinnen und Bürger
auch ohne Anfangsverdacht gleich. In unseren Ausweisen stehen künftig
Daten, die wir nicht mehr entschlüsseln können.
Die Speicherung
unserer Daten und der erleichterte Datenaustausch zwischen den Behörden
gehen einher mit der Ausweitung der Zugriffsbefugnisse von Polizei und
Verfassungsschutz. Im Zusammenspiel mit den neuen technischen Überwachungsmöglichkeiten
rückt eine Totalkontrolle in greifbare Nähe. Was über uns
gesammelt wird, erfahren wir nicht - bis es gegen
uns verwendet
wird.
Die Grenzen
zwischen Verfassungsschutz, Geheimdiensten und Polizei werden verwischt.
Es entsteht eine Macht im Staat, die öffentlicher Kontrolle
entzogen ist.
Das „Sicherheitspaket“
hat die falsche Stoßrichtung. Es ist nicht geeignet, terroristischen
und antidemokratischen Bedrohungen zu begegnen. Dazu ist es viel zu sehr
verfangen in alten obrigkeitsstaatlichen und geheimdienstlichen Denkmustern,
von denen wir glaubten, die Bürgerbewegungen in Ost und West hätten
sie “1968” und “1989” in den Keller der Geschichte gesperrt.
Welche Gefahren
drohen, wenn die Machtbefugnisse der Sicherheitsorgane erweitert und die
demokratische Kontrolle abgebaut wird, hat die deutsche Geschichte mehrfach
gezeigt. Nicht die Stärkung, sondern die Untergrabung der demokratischen
Grundlagen war die Folge. Demokratie heißt, dass die Balance gewahrt
bleibt zwischen Ermittlungsinteressen, Bürgerrechten und demokratischer
Kontrolle.
-
Gegen die Verschärfungen
formiert sich zu Recht der Protest von Bürgerrechtsgruppen, Juristinnen
und Juristen, Datenschützern und Bürgerinnen und Bürgern,
die den Schutz von Freiheit und Sicherheit nicht den Innenpolitikern und
Geheimdienstlern überlassen wollen. Wir wollen die kritischen und
nachdenklichen Stimmen stärken. Wir werden eine Überprüfung
der Gesetzesänderungen durch das Bundesverfassungsgericht unterstützen.
Aktionen bürgerlichen Ungehorsams schließen wir nicht aus. Wir
halten es für legitim, wenn Bürgerinnen und Bürger sich
weigern wollen, ihre Fingerabdrücke abzugeben, ohne dass der Staat
einen konkreten Anfangsverdacht gegen sie dargelegt hat.
|
KONTAKT
Hans-Jochen
Tschiche
Samswegen
h-j.tschiche@t-online.de
Günter
Piening
Berlin
piening@t-online.de
Prof.
Dr. Roland Roth
Magdeburg
roland.roth@sgw.hs-magdeburg.de
AUFRUF als PDF:
UNTERZEICHNER
Die Liste der Unterzeichner ist hier einzusehen.
|