Die Grünen Sachsen-Anhalts verabschiedeten gestern ihr Programm für die Landtagswahl 2002. Statt einer Altmark-Autobahn fordern sie Umgehungsstraßen. Außerdem soll der Besuch von Kindergärten für Eltern künftig kostenlos sein. Hans-Jochen Tschiche wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt.

Halle. Sachsen-Anhalts Landesverband der Bündnisgrünen ist der erste in Deutschland, der einen Ehrenvorsitzenden hat. Einstimmig wurde gestern Hans-Jochen Tschiche gewählt. Tschiche gehört zu den bekanntesten Bürgerrechtlern aus DDR-Tagen. Vor zehn Jahren hatten sich verschiedene Bürgerrechtsbewegungen zum Bündnis 90 vereint. Sie fusionierten später mit der Grünen-Partei.

Mit der Wahl sollten Tschiches Verdienste gewürdigt werden. Er war von 1990 bis 1998 Fraktionschef der Partei im Landtag.

1998 scheiterte die Partei an der Fünf-Prozent-Hürde. Auch jüngste Umfragen geben der Ökopartei nur 3 Prozent. Viele hoffen, dass die Landespartei mit dem Namen Tschiche im Wahlkampf punkten kann. Tschiche:"Ob das klappt - na, mal abwarten." Er hat aber die Hoffnung, dass die Stunde der Grünen noch mal kommt.

Der Partei fehlt nach wie vor eine starke Basis: Nur gut 500 Mitglieder zählt der Landesverband in Sachsen-Anhalt. Die Grünen sitzen im Bund in der Regierung, doch angesichts der schwierigen politischen Lage brachte das der Partei im Osten keine Bonuspunkte. Erst der Nato-Einsatz in Jugoslawien 1999, nun der bevorstehende Militäreinsatz der USA und ihrer Verbündeten gegen Terroristen. Für die Partei, für die Pazifismus eine tragende Säule war, eine "hohe Belastung", wie Tschiche sagt.

Landespolitisch wollen die Grünen vor allem in der Bildungspolitik punkten. So soll der Besuch eines Kindergartens künftig kostenlos sein - so wie der Schulbesuch es in ganz Deutschland auch ist. In einem ersten Schritt sollten im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung die Elternbeiträge wegfallen. Das würde dem Land netto 10 Millionen Euro kosten. "Wir betrachten Bildung als Investition", sagt Landesvorsitzende Inés Brock. Kindergärten sollten als Bildungsstätten, als eine Art Vorschule begriffen werden.

Die Grünen sehen Umschichtungsmöglichkeiten in den öffentlichen Haushalten. So lehnen sie einen weiteren millionenschweren Ausbau an Elbe und Saale ab.

Abgelehnt wird auch die Verlängerung der A 14 nach Norden durch die Altmark. Der Bau von Ortsumgehungen und der Ausbau vorhandener Bundesstraßen mit Ortsumgehungen könnte viel schneller erfolgen und brächte so der Region viel eher eine Entlastung, meint die Partei.

Einige Veränderungen gibt es an der Landesspitze. Erich Meyer (Schönebeck) ist neuer Schatzmeister - Norbert Doktor (Magdeburg) gab das Amt ab. Neu im Vorstand sind Regina Mittendorf (Jerichower Land) und Ralf Birkenfeld (Magdeburg).

Ex-Vorständler Bodo von Schilling (Ohrekreis) trat nach internen Querelen aus der Partei aus.

Der Landesvorstand wollte von Schilling zunächst nur aus der Landesspitze abwählen. Etlichen Grünen missfiel Schillings eingenwillige Pressemitteilungen ("Morsleben ist sicher"). Auch in Vorstandssitzungen gab es oft Knatsch. Der Vorstand bemerkt dazu: "Dabei war Bodo teilweise nicht zum Dialog bereit, verfiel in trotziges Schweigen und verließ die Versammlung ohne Aussprache".

Nun verließ Bodo die Partei.

Von Jens Schmidt

(MRSA)