7. September 2008

Leserbrief

Betr.: Artikel "Wir würden zum Kuba Deutschlands" vom 06.09.2008

Manche Politiker laufen wie der Kaspar aus dem Puppentheater mit der großen Keule über die politische Bühne, um ruck-zuck den für diesen Zweck erfundenen ideologischen Teufel den Garaus zu machen. Wie das vor sich geht, kann man in dem Artikel der Volksstimme vom 06.09.08 besichtigen. Wir würden zum Kuba Deutschlands, meinte der CDU-Politiker Holger Stahlknecht, wenn man der Forderung der Linken nach dem fürsorglichen Staat nachgeben würde. Wulf Gallert hatte erklärt, dass man Krankenhäuser und Energieversorgung, die alle brauchen, nicht den Regeln der reinen Profitmaximierung übelassen solle, sondern sie als öffentliche Aufgabe zu belassen. Dabei erklärte er ausdrücklich, dass das im Rahmen des geltenden Grundgesetzes erfolgen sollte. Wie Stahlknecht auf die Idee kommt, dass man dann einen HO-ALDI, einen Intershop-EDEKA und einen VEB Mercedes bekäme, ist sein Geheimnis. Im Gallert-Text findet sich kein Anlass für diese tollkühne Behauptung. Auch wird dort nicht der Himmel auf Erden versprochen, sondern, um es in der Sprache meiner Tradition zu sagen, die Obrigkeit an ihr Amt erinnert, wie Luther es gefordert hat.

Und dann holt Stahlknecht den alten Vorwurf der Verweigerung ernsthafter Auseinandersetzung der Linken mit der DDR-Geschichte hervor. Niemand wird bestreiten, dass es Selbstgerechte und Uneinsichtige in der Linken gibt, wenn es um die Geschichte der DDR geht, aber man kann Die Linke nicht als den alleinigen Sündenbock bezeichnen, auf den etwa auch die Anpassungssünden der Blockparteien und großer Teile der Bevölkerung abgeladen werden können, um ihn dann in die Wüste des Unrechtsstaates zu schicken und sich selber als schneeweißes Unschuldslamm zu betrachten. So einfach ist die Aufarbeitung der DDR-Geschichte nicht zu haben. Um allen Missdeutungen vorzubeugen, die Aktenlage des MfS weist eindeutig nach, dass ich zu den Kritiker des vormundschaftlichen Staates gehörte. Ich will heute die Vergangenheit nicht weich spülen, aber es sollte sich niemand aus der Verantwortung für 40 Jahre DDR stehlen.
 
Hans-Jochen Tschiche
Satuelle

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